Mensch-Roboter-Interaktion: Wie gutes Miteinander gelingen kann

Prof. Dr.-Ing. Philipp Beckerle berichtet im Interview über die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter
Prof. Dr.-Ing. Philipp Beckerle berichtet im Interview über die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter
Dienstag, 17. Mai 2022

Mensch-Roboter-Interaktion: Wie gutes Miteinander gelingen kann

An der TechFak können Besucher und Besucherinnen der Langen Nacht selbst mit Robotern in Kontakt treten. Prof. Dr.-Ing. Philipp Beckerle vom Lehrstuhl für Autonome Systeme und Mechatronik (FAU) im Gespräch darüber wo Roboter uns bereits jetzt unterstützen und was sie von uns lernen müssen.

Mensch-Roboter-Interaktion klingt für Laien erstmal etwas befremdlich. In welchen Bereichen treffen Mensch und Roboter im Alltag zusammen?

Erstaunlich häufig. Wir haben Roboter die in unseren Wohnzimmern staubsaugen und im Garten den Rasen mähen. In der Industrie arbeiten wir auch schon lange mit ihnen zusammen. Der Kontakt wird enger und der Abstand geringer. Es gibt viele weitere Anwendungen: In Museen kann ein Roboter beispielsweise Menschen herumführen, in Bahnhöfen zur Reinigung eingesetzt werden und es besteht großes Potential in der Gesundheitsbranche. Prothesen und Exoskelette, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen helfen, interagieren ebenfalls mit den Nutzenden.

Wo kann ein Roboter unterstützen und welchen Mehrwert kann der oder die Nutzende daraus ziehen?

Roboter sind vor allem sehr genau und unglaublich ausdauernd. Sie können ein und dieselbe Aufgabe viel länger ausführen als wir Menschen. Wir werden außerdem mit der Zeit ungenauer, was Roboter in der Regel nicht tun. Das kann in der Industrie ein großer Vorteil sein, aber auch im Haushalt, etwa wenn wir den Staubsauger nicht mehr selbst bewegen müssen. Theoretisch kommen diese Anwendungen aber ohne Interaktion aus.

Spannend wird es dann, wenn Mensch und Roboter zusammen aktiv werden und eine Zusammenarbeit zustande kommt. Da gibt es ganz unterschiedliche Szenarien. Das Anreichen von Essen in der Pflege beispielsweise, ist ein unglaublich schwieriges Problem. Zum einen kommen Mensch und Roboter wirklich physisch in Kontakt und zum anderen müssen sie sich abstimmen, damit das Essen am Ende wie vorgesehen und zudem sicher den Mund erreicht. An diesem vermeintlich simplen Beispiel kann man die vielschichtigen Herausforderungen in der Mensch-Roboter-Interaktion erahnen.

Sie untersuchen am Lehrstuhl sowohl die kognitive als auch die physische Interaktion von Menschen und Robotern. Wie kann man sich die kognitive Interaktion vorstellen?

Kognitive Interaktion bedeutet Austausch von Informationen. Die Frage ist hier: Wie passiert das? In der Realität kann man diese physische und kognitive Interaktion nicht komplett trennen. Es gibt viele Kanäle, über die Information übertragen wird, wie Gestik, Mimik und Sprache, aber auch Berührungen. Roboter müssen sich mit dem menschlichen Gegenüber auf verschiedene und vor allem kompatible Ebenen begeben, was technisch durchaus herausfordernd ist.

Wie bringt man einem Roboter etwas bei und was muss man bei der Programmierung bedenken?

Man kann Roboter natürlich klassisch mit Code programmieren. In den letzten Jahren haben sich aber auch Lernmethoden entwickelt, bei denen der Roboter von einem menschlichen Trainer lernt, was zu tun ist. Wenn man in Interaktion tritt, muss der Roboter die Intention erkennen können. Dafür kann man beispielsweise unterschiedliche Körpersignale auslesen. Bewegungen, die über Kameras oder Sensoren beobachtet werden, das Messen von Muskel- oder sogar Hirnströmen. Genauso wichtig wie dieses Auslesen ist aber auch, dass man eine Rückmeldung über den Zustand des Roboters an die nutzende Person gibt, z.B. durch eine Vibration. Dabei muss man auch an die physische Sicherheit denken. Früher waren Roboter in Käfigen untergebracht, heute stehen sie zum Teil frei in Werkshallen und können mit den Arbeitenden zusammenwirken. Dabei sollten sie niemanden verletzen. Aber auch ethische und moralische Normen müssen eingehalten werden. Der Museumsroboter muss in verschiedenen Kulturen unterschiedlich auf Menschen zugehen können und darf z.B. nicht beleidigend wirken.

Was sollte man bei der Interaktion mit Robotern aus Nutzersicht beachten?

Wir sollten darauf achten, die Geräte nicht zu überschätzen. Wir sehen in den Medien, z.B. in Hollywoodfilmen, unglaublich tolle Dinge. Sicher zielen wir auf solche Systeme ab, aber wir sind noch nicht da. Durch neue Lernverfahren und Hardware können Roboter zwar immer mehr, aber sie sind bei weitem nicht so vielseitig wie oft dargestellt. Sie können meist eine Sache recht gut und können sich in einem gewissen Rahmen auch anpassen, aber das alles hat seine Grenzen. Da der Mensch noch die schlauere Seite der Interaktion ausmacht, wäre es wohl ein guter Hinweis selbst einmal mehr mitzudenken.

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