Über Glas und die Energiewende: Nachhaltige Produktion durch Strom?

Bachelorandin Nicole Ostermeier gemeinsam mit Prof. Dr. Dominique de Ligny von der FAU Erlangen-Nürnberg und Prof. Dr. Sven Wiltzsch von der TH Nürnberg
Bachelorandin Nicole Ostermeier gemeinsam mit Prof. Dr. Dominique de Ligny von der FAU Erlangen-Nürnberg und Prof. Dr. Sven Wiltzsch von der TH Nürnberg
Donnerstag, 12. Mai 2022

Am vergangenen Freitag hat die Pressekonferenz zur Langen Nacht der Wissenschaften im Foyer des IZNF (Interdisziplinäres Zentrum für Nanostrukturierte Filme) an der Technischen Fakultät stattgefunden. Ein Highlight war der spannende Lightning Talk über Glas und die Energiewende von Prof. Dr. Dominique de Ligny von der FAU Erlangen-Nürnberg und Prof. Dr. Sven Wiltzsch von der TH Nürnberg. Als Laie ist man sich selten bewusst, dass Glas überall zu finden ist – etwa als Komponente von Rotorblättern in Windkraftanlagen bei der Energieerzeugung, bei der Herstellung von Lasern oder optischen Fasern und beim Schutz unserer Smartphone-Bildschirme, wie Prof. Dr. de Ligny erklärte: „All diese Gläser haben unterschiedliche chemische Zusammensetzungen und hier an der FAU untersuchen wir in meinem Team den Zusammenhang zwischen der atomaren Struktur des Glases und seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften.“ An dieser Stelle kommt die Zusammenarbeit mit der TH Nürnberg zustande: Das Labor Glas/Glasschmelztechnik von Prof. Dr. Wiltzsch an der Fakultät Werkstofftechnik beschäftigt sich mit der Herstellung von Glas und dem Glasschmelzofenbau. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Zusammenarbeit steht die Hochtemperaturelektrochemie des Glasschmelzens.

Glasherstellung ist ein Hochtemperaturprozess: Es liegen Temperaturen von über 1600°C vor. Damit ist der Prozess sehr energieintensiv. Typischerweise wird Erdgas verbrannt und es entsteht eine Atmosphäre aus CO2, Kohlenstoffmonoxid und Stickoxiden, was für die Umwelt nicht gerade förderlich ist. Das mit dem Hochtemperaturprozess aktuell verbundene größte Problem ist der hohe Anteil der Energiekosten an den Gesamtproduktionskosten. Vor 2020 lag der Anteil noch bei 14 %. Durch eine kurzfristige Preissteigerung der Energiekosten um das mind. Fünffache erlebt die bayerische Glasindustrie mittlerweile Gesamtkostenerhöhungen von über 40 %, was für die Glasindustrie sehr bedrohlich sei, so Prof. Dr. Wiltzsch. Vor diesem Hintergrund haben die bayerischen Glasprofessoren bereits 2020 Forschungsaktivitäten zur Elektrifizierung des Glasherstellungsprozesses aufgenommen. Von besonderer Bedeutung für die Glasindustrie in Bayern wäre die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und stattdessen der Einsatz von 100% Strom – idealerweise von grünem Strom. Bei Versuchen zur elektrischen Herstellung von Glas haben die Wissenschaftler jedoch festgestellt, dass die Produktion von Braunglas eine Herausforderung ist. Braunglas findet sich vor allem bei der Aufbewahrung von Lebensmitteln (etwa von Milch) oder Medikamenten. Wird es mit Strom hergestellt, verliert es sukzessive seine braune Farbe und wird blau. Grund ist die sauerstoffreichere Atmosphäre in Elektroöfen – das Kohlenstoffmonoxid und -dioxid der traditionellen Öfen fehlt hier.

Noch mehr Überraschendes aus der Glasherstellung gibt es bei der Langen Nacht der Wissenschaften. Wussten Sie z.B., dass Zuckerwaren auf die gleiche Weise hergestellt werden wie Glas? Wie das geht, finden Sie in der Langen Nacht beim Jahrmarkt der Möglichkeiten am besten selbst heraus!

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